„Alle Jahre wieder...

  ...oder wenn die Eltern älter werden, fängt Fürsorge mit Hinsehen an"

                                                                                                                      Fotos: Symbolbilder

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Gelesen von Christin Steinbach, Autorin des Beitrags.


Weihnachtslieder, Plätzchenduft, Gänsebraten und Klöße. Was verbindet ihr mit Weihnachten und besonders mit dem Weihnachtsfest in der Familie? 


Seit meine Oma an Weihnachten vor 6 Jahren einen Schlaganfall hatte, schweifen meine Gedanken ab. Aus schönen Erinnerungen an gemeinsame Stunden bei Glühwein und Plätzchen werden sorgenvolle Gedanken an ihre plötzliche Schwäche, Unwohlsein und den Verdacht, dass es etwas Schlimmeres als eine Magenverstimmung sein könnte. Die Altenpflegerin in mir erkannte sofort die typischen Anzeichen: der herabhängende rechte Mundwinkel, die Gefühllosigkeit im rechten Arm. Schnell wählten wir die 112 und die Rettungskette wurde ausgelöst. 

 

Nicht immer sind Veränderungen unvorhersehbar. Deswegen möchte ich vor Allem an diejenigen appellieren, die weit von ihren Eltern entfernt wohnen und sie nur zu bestimmten Anlässen besuchen. Besondere Anlässe und Festtage wie die Weihnachtstage. Schaut hin, beobachtet Veränderungen und Einschränkungen und nutzt die Zeit, um Hilfebedarfe mitfühlend anzusprechen. 

 
Worauf erwachsene Kinder achten sollten 

 

Schon kleine Veränderungen im Alltag können Hinweise darauf sein, dass Unterstützung nötig wird. Diese Beobachtungsbereiche helfen dir, hinzuschauen, ohne zu kontrollieren: 

 

Haushalt & Alltag 

  • Herrscht eine auffallende Unordnung? Liegen Staub, Schmutz oder Essensreste auf Böden und Oberflächen? 
  • Sind technische Geräte häufig defekt? Gibt es Sicherheitsrisiken, bspw. überlastete Steckdosen oder einen angelassenen Herd? 
  • Stapeln sich ungeöffnete Briefe in der Wohnung? 

 

Äußeres Erscheinungsbild 

  • Ist die Kleidung fleckig oder stark abgetragen? Ist die Kleidung unpassend zur Jahreszeit? 
  • Sind die Haare ungewaschen, der Bart oder die Zähne ungepflegt? Bestehen auffällige Hautveränderungen? 
  • Bestehen ungewohnte Gerüche, bspw. nach Schweiß oder Urin? 

 

Mobilität 

  • Hat die Kraft nachgelassen, sodass das Treppensteigen schwerfällt oder sich der Betroffenen beim Aufstehen vom Sessel abstützen muss? 
  • Fällt das Bücken nach heruntergefallenen Gegenständen schwer? 
  • Besteht ein auffälliger Gang, bspw. schwankend, unsicher und kleinschrittig? 


Ernährung 

  • Enthält der Kühlschrank wenig frische oder teilweise verdorbene Lebensmittel? 
  • Werden Mahlzeiten vergessen? 
  • Besteht ein auffälliger Gewichtsverlust oder sitzt die Kleidung ungewohnt locker? 

 

Gesundheit 

  • Wird die Einnahme der Medikamente vergessen oder werden sie häufig verwechselt? Herrscht Chaos im Medikamentenschrank? 
  • Werden Arzttermine vergessen oder nicht wahrgenommen? 
  • Liegen Briefe mit ärztlichen Befunden oder Post der Krankenversicherung unbeachtet oder ungeöffnet herum? 

 

Wichtig! Einzelne Auffälligkeiten können harmlos und altersbedingt sein. Das Ziel ist nicht Kontrolle, sondern rechtzeitig Unterstützungsbedarfe zu erkennen, damit die Selbstständigkeit möglichst lange erhalten bleibt. 

 

Der Gesamteindruck zählt. Frage dich bei den ersten Anzeichen immer: 

  • War das schon immer so? Oder hat sich das Verhalten im Vergleich zu früher stark verändert? 
  • Ist das ein Einzelfall? Oder treten Auffälligkeiten wiederholt und gehäuft auf? 
  • Treten Auffälligkeiten in mehreren Lebensbereichen auf? 
  • Was sagt dein Bauchgefühl? Wenn du das Gefühl hast, dass „irgendetwas“ nicht stimmt, nimm es ernst. 

 

Hilfebedarf erkannt – wie geht es jetzt weiter? 

 

Du hast Veränderungen bemerkt. Das ist bereits ein wichtiger erster Schritt. Viele fühlen sich an diesem Punkt überfordert, doch es muss gar nicht gleich um Pflege oder große Entscheidungen gehen. Ein behutsames Gespräch kann der Anfang einer guten Lösung sein. 

 

Tipps für die Gesprächsführung 

  • Wähle den richtigen Rahmen: Sensible Themen sollten nicht zwischen Tür und Angel oder beim Tranchieren der Gans angesprochen werden. Nimm dir Zeit an einem ruhigen Tag nach dem Festtagstrubel und baue eine entspannte und vertraute Atmosphäre auf. 
  • Nutze Ich-Botschaften: Formuliere deine Beobachtungen aus deiner eigenen Wahrnehmung, statt Vorwürfe zu machen. Zum Beispiel: Mir ist aufgefallen, dass…“ 
  • Zeige eine positive Haltung: Bestätige, wie wichtig Selbstständigkeit ist und dass Unterstützungsangebote kein Verlust sind, sondern ein Puzzleteil für das selbstständige Leben zu Hause sein können. 
  • Biete kleine Schritte an: Statt über Pflegegrade und die Suche nach einem Pflegeanbieter zu sprechen, beginne deine Vorschläge für Unterstützungsangebote niedrigschwellig, bspw. mit einer Hilfe im Haushalt oder dem Richten der Medikamente in Wochenboxen. 
  • Sei geduldig und bleib offen: Akzeptiere, wenn deine Eltern erst über Vorschläge nachdenken wollen oder diese ablehnen. Die Organisation häuslicher Pflegehilfen ist umfangreich und kann nicht in einem Gespräch zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden. Nimm das Thema nach einiger Zeit behutsam wieder auf und bedränge deine Eltern nicht. 

 

Es ist nicht immer einfach, Hilfebedarfe und Auffälligkeiten zu erkennen und anzusprechen.

Weihnachten ist das Fest der Familie und deshalb für mich auch eine Erinnerung, füreinander da zu sein. Wenn wir Veränderungen wahrnehmen, nicht wegsehen, sondern zuhören, können wir dafür sorgen, dass unsere Eltern so lange wie möglich selbstbestimmt zu Hause leben. 


Unsere Empfehlung

Möchten Sie dazu mehr erfahren?  

In unserem Online-Seminar bieten wir Ihnen die Gelegenheit, sich umfassend zu informieren: 

 

Alle Jahre wieder... - Weihnachten bei den Eltern: Hilfebedarfe erkennen und gemeinsam handeln

9. Dezember 2025, 17.00 Uhr 

 

Hier anmelden: 

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